25.03.2015 – Wellpappe Report 1/2015
Die Legende von der Verpackungsmüll-Lawine
Zwischenruf von Dr. Oliver Wolfrum, Geschäftsführer des Verbandes der Wellpappen-Industrie e.V.
Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein und es bleibt kein Müll. Für die Verpackungen, die dem Schutz und Transport der Ware gedient haben, finden Sie direkt vor der Haustür dankbare Abnehmer. Nichts davon landet am Straßenrand, verschmutzt das Meer oder belastet das Klima; vielmehr wird es Ihnen förmlich aus den Händen gerissen und zurück geführt in einen Materialkreislauf, der unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorbildlich funktioniert. Klingt nach Science Fiction? Ist es aber nicht, sondern schon jetzt Alltag für Millionen Verbraucher – wenn die Verpackung aus Wellpappe ist.
Diese Realität ist nicht allen bewusst. Noch immer werden gebrauchte Wellpappenverpackungen als „Abfall“ bezeichnet – das fällt mir besonders in der Berichterstattung über das zunehmende Online-Shopping auf. Ob dpa, heute.de oder FAZ: In den Wirtschaftsredaktionen herrscht zwar zu Recht die Überzeugung, dass die hohen Zuwachsraten beim E-Commerce ohne leistungsfähige Transportverpackungen aus Wellpappe nicht möglich wären; in Interviews sprechen Logistikfachleute vom „Siegeszug des Pappkartons“ und nennen Transportverpackungen aus Wellpappe „die Verpackung der Zukunft“. So weit, so richtig. Aber immer noch gibt es Medienberichte, die nicht ohne den mahnenden Hinweis auf „Verpackungslawinen“, „Abfallflut“ und „Müllberge“ auskommen.
Gebrauchte Wellpappe ist Handelsware
Diese falschen Vorstellungen halten sich hartnäckig, deshalb kann man es nicht oft genug betonen: Gebrauchte Wellpappe ist kein Müll, sondern ein gefragter Rohstoff für die Papierherstellung. In Deutschland wird Wellpappe nahezu vollständig recycelt: Über die Altpapiertonne werden das Milchtray aus dem Discounter, die bunte Wellpappenschale für die Markenäpfel und die Versandverpackung des online bestellten Bestsellers gesammelt und einer Wiederverwertung zugeführt. Der überwiegende Teil gebrauchter Wellpappe fällt als Transport- und Shelf-Ready-Verpackungen im Handel an, wird auch dort sortenrein gesammelt und anschließend als wertvoller Rohstoff an Altpapierhändler verkauft.
Gebrauchte Verpackungen als Handelsgut – diese Tatsache stößt immer wieder auf Verwunderung. Auf einer Veranstaltung der Deutschen Ernährungsindustrie anlässlich der Grünen Woche musste der Moderator zweimal nachfragen: „Und es ist wirklich so, dass der Einzelhandel die gebrauchten Verpackungen aus Wellpappe wieder verkauft?“ Ja, ist es. Gebrauchte Verpackungen auf Papierbasis haben einen Warenwert und werden auf dem freien Markt ge- und verkauft wie andere Produkte. Papierhersteller zahlen zurzeit etwa 80 bis 90 Euro pro Tonne dafür. Kein Wunder, dass das einträgliche Geschäft hart umkämpft ist. In vielen Gemeinden streiten sich private Recyclingunternehmen und kommunale Entsorgungsbetriebe um die Vorherrschaft bei der Altpapiersammlung. In Oldenburg beispielsweise führte der Konflikt zwischen Stadt und privaten Entsorgungsunternehmen bis vor das Verwaltungsgericht.
Verbraucher mit gutem Gewissen
Gerade vor dem Hintergrund des wachsenden E-Commerce ist Aufklärung angesagt: Es gilt, das Märchen von den Müllbergen aus Wellpappe in die Mottenkiste der Umweltmythen zu verbannen. Wir wissen aus Umfragen, dass Verbraucher vor allem Verpackungen erwarten, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und recyclingfähig sind. Sofern beim Online-Kauf also eine Einstoff-Verpackung aus Wellpappe ohne Kunststoff, Styropor oder Schaumstoff nach Hause geliefert wird, können Online-Shopper ein gutes Gewissen haben. Dieses gute Zeugnis stellte jüngst Martin Angerhöfer, Professor für Verpackungstechnik an der Hochschule München, der Wellpappe in der Süddeutschen Zeitung aus.
Experten sind sich einig: Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit machen Wellpappe fit für die Zukunft. Und die sieht rosig aus, wie das britische Marktforschungsunternehmen Smithers Pira gerade festgestellt hat. Die Briten rechnen bis 2018 mit einem weltweiten Wachstum des Wellpappenabsatzes von durchschnittlich 5 Prozent pro Jahr, getrieben vom zunehmenden Umweltbewusstsein. Demnach wird Kunststoff in Zukunft immer häufiger durch papierbasierte Verpackungen ersetzt.
Der Trend geht also klar in Richtung Kreislaufverpackung aus Wellpappe – und das ist gut so. Für den Konsum der Zukunft und eine Umwelt ohne „Müllberge“.